04.07.2007

Aktueller Stand der Einspeisung von Bioerdgas in Deutschland

Seit einigen Monaten wird aufbereitetes Biogas, auch Biomethan oder Bioerdgas genannt, in das deutsche Erdgasnetz eingespeist. Trotz noch zahlreicher wirtschaftlicher und technischer Herausforderungen beweisen die Pionieranlagen, dass es geht. Erdgaskunden können so in Zukunft regenerative Energie über den Gashausanschluss beziehen. Die deutsche Gaswirtschaft leistet damit einen wirksamen Beitrag zur Bekämpfung der Klimaerwärmung und zur Erreichung der Klimaschutzziele im Rahmen des Kyoto-Protokolls. Welcher Stand dabei aktuell in der Praxis erreicht worden ist und welche Aufgaben die deutsche Gaswirtschaft noch zu bewältigen hat, beleuchtet dieser Beitrag der ASUE Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch e. V. 

Herausforderungen gibt es entlang der gesamten Nutzungskette von Bioerdgas - bei der Erzeugung der Biomasse, der Erzeugung und Aufbereitung von Biogas sowie beim Transport und der Vermarktung von Bioerdgas bis hin zu den speziellen Absatzbereichen: Kraft-Wärmekopplungsanlagen (KWK), Kraftfahrzeuge und Heizanlagen. Aufgrund der vergleichsweise geringen Energiedichte und dem hohen Wassergehalt der Biomasse ist eine langfristige Absicherung des Biomasse-Bezugs unter wirtschaftlichen Konditionen in unmittelbarer Nähe der Biogasanlage zwingend notwendig. Außerdem dürfen der Anbau und die Düngung der Biomasse den Boden und das Grundwasser nicht überlasten. Bei den Aufbereitungsverfahren kann auf Erfahrungen aus dem Ausland und der chemischen Industrie zurückgegriffen werden: Die wesentlichen Verfahren (Druckwechseladsorption, Druckwasserwäsche und Aminwäsche) unterscheiden sich in ihrer Effizienz, ihrem Personal- und Hilfsenergiebedarf sowie in der Höhe der Verluste. Eine Aussage, die ein Verfahren für jeden Anwendungsfall favorisiert, ist derzeit nicht möglich. 

Die Anforderungen an das einzuspeisende Bioerdgas richten sich nach der Vermischung im Netz. Als "Austauschgas" sind die Qualitätsansprüche höher als für "Zusatzgas". Damit ein signifikanter Anteil eingespeist werden kann, hat Bioerdgas in der Regel die Anforderungen an "Austauschgas" zu erfüllen. Die Einspeisung von Bioerdgasmengen kann begrenzt werden durch unzureichende Netzkapazitäten oder auch durch fehlende Absatzmöglichkeiten in KWK-Anlagen. Die Messung der Bioerdgasmengen gestaltet sich schwierig, da derzeit noch keine für Bioerdgas zugelassenen Messgeräte verfügbar sind. In H-Gasgebieten kann die Beimischung von geringen Mengen Flüssiggas notwendig sein, um die im DVGW-Arbeitsblatt G 685 geforderten Brennwertvorgaben einhalten zu können. 

Die Regeln zur Vermarktung von Bioerdgas sind kompliziert. Der Bioerdgasproduzent ist verantwortlich für die Gasqualität. Er informiert sich beim Netzbetreiber über verfügbare Netzkapazitäten. Bioerdgasmengen werden - wie andere Gasmengen - von einem "virtuellen Handelspunkt" aus verkauft. Der Netzbetreiber bilanziert die ein- und ausgespeisten Mengen. Die Gasnetzzugangsverordnung sieht abweichend von der üblichen 1-stündigen Basisbilanzierung bei Bioerdgas einen Bilanzierungszeitraum von 12 Monaten vor. Erfahrungen mit dem einjährigen Bilanzierungszeitraum gibt es bislang nicht. Werden Bioerdgasmengen in wärmegeführten KWK-Anlagen eingesetzt, ergibt sich ein Unterschied zwischen der Einspeisestruktur der Bioerdgasanlage und der Abnahmestruktur der KWK-Anlage über das Jahr. Die Folge: Das Netz wird als Speicher genutzt, sofern das technisch möglich ist. Ungeklärt und umstritten ist die Frage, wer die Kosten für die Speicherung trägt. 

Bei der Nutzung von Bioerdgas ist derzeit die Stromerzeugung in KWK-Anlagen erste Wahl. Durch die Regelungen des EEG werden Strompreise von 16,51 bis 20,99 Ct/kWhel erzielt. Allerdings erhält der Bioerdgaseinsatz in Kraftfahrzeugen zunehmende Beachtung. Ein Grund ist die hohe Effizienz. Ein Erdgasfahrzeug kann mit dem Bioerdgas aus einem Hektar Maissilage rund 60.000 Kilometer weit fahren, das bedeutet 1,5 Mal um den Äquator! 

Ein beispielhaftes Pilotprojekt ist die Anlage in Pliening bei München. Sie wurde von der RES Renewable Energy Systems GmbH, München, initiiert und konzipiert. Errichtet und betrieben wird sie von einem Fond der Aufwind Schmack Neue Energien GmbH & Co. KG, Regensburg, in Zusammenarbeit mit RES. Die Inbetriebnahme der Anlage mit Produktion von Bioerdgas erfolgte im Dezember 2006. In Pliening wird das aus vergorener Biomasse gewonnene Biogas im Druckwechselverfahren zu Bioerdgas aufbereitet. 6,3 Millionen Nm3 Roh-Biogas werden jährlich in Pliening erzeugt. Mit einer jährlichen Aufbereitungskapazität von etwa 3,9 Millionen Nm3 Biomethan ist diese Anlage derzeit auch die bayernweit größte. Sie hat eine Energieeinspeisekapazität von rund 40 Millionen kWh, was einem jährlichen Erdgasverbrauch von rund 1.300 Vier-Personen-Haushalten entspricht. Mit dem direkt in das Erdgasnetz der Stadtwerke München eingespeisten Bioerdgas betreibt die E.ON Bayern Wärme in Poing und Puchheim zwei Blockheizkraftwerke, in denen das Bioerdgas dann verstromt und gleichzeitig die anfallende Wärme ganzjährig in ein Fernwärmenetz eingespeist wird. 

Eine weitere Pilotanlage betreibt die STAWAG Energie GmbH in Straelen, Nordrhein-Westfalen. Dort steht eine Gasaufbereitungsanlage zur Veredelung von Rohbiogas, das örtliche Produzenten aus Mais, Getreide und Gülle in einer Menge von rund 550 m3 pro Stunde herstellen. Per Druckwechseladsorptionsverfahren wird das Rohbiogas gereinigt und mit über 95 Prozent Methananteil auf Erdgasqualität gebracht. Um den speziellen Anforderungen des örtlichen Netzes an die Gasbeschaffenheit (Brennwert: 11,22-11,54 kWh/m3, Wobbe-Index: 14,21-14,46 kWh/m3, Methanzahl: mindestens 72) gerecht zu werden, erfolgt vor der Einspeisung ins Erdgasnetz der Gelsenwasser Energienetze GmbH noch die Beimischung eines geringen Anteils an Flüssiggas (LPG). Die Einspeisung wird unterbrochen, wenn die eingespeiste Menge den Gasabsatz übersteigen würde. Die erste Einspeisung erfolgte am 30.12.2006.

Weitere Bioerdgasanlagen zur Einspeisung befinden sich unter anderem im Brandenburger Rathenow (43,80 Millionen kWh/Jahr) in Planung. Eine nicht vollständige Übersicht der Projekte in Deutschland gibt die Tabelle. 

Die neu gegründete E.ON Bioerdgas GmbH will noch in diesem Jahr erste Bioerdgasanlagen in Betrieb nehmen. Das Unternehmen will sich aus technischen wie auch wirtschaftlichen Gründen auf den Bau von Großanlagen ab etwa 500 m3/h Bioerdgas konzentrieren. Für Friedrich Wolf, Geschäftsführer der E.ON Bioerdgas GmbH, bestehen dabei die Herausforderungen weniger in der Anlagentechnik - die erforderliche Technik dafür sei bereits auf dem Markt verfügbar - als vielmehr darin, geeignete Anlagenstandorte zu finden: "Einerseits müssen genügend Rohstoffe als Einsatzmaterial zur Verfügung stehen und andererseits muss das Gasnetz in erreichbarer Nähe sein sowie die entsprechenden Bioerdgasmengen aufnehmen können." 

Der Beitrag zeigt, dass noch zahlreiche Fragen zu klären sind. Allerdings wurden bereits große Fortschritte erzielt. Unternehmen der deutschen Gaswirtschaft und ihrer Marktpartner arbeiten mit großem Engagement daran, dass Bioerdgas zu einem Erfolg wird.

Weitere Informationen zu diesem Thema hat die ASUE in ihrer neuen Broschüre "Bioerdgas: Regenerative Energie mit Zukunft" zusammengefasst. Die Publikation kann in gedruckter Form über den Verlag Rationeller Erdgaseinsatz, Postfach 25 47, 67613 Kaiserslautern, Fax: (06 31) 360 90 71, zum Preis von 4,-- Euro pro Exemplar zuzüglich Verpackung, Versandkosten und Mehrwertsteuer (Mindestbestellwert 10 Euro) bezogen werden. Einzelexemplare sind bei der ASUE, Tel.: (06 31) 360 90 70, E-Mail: info@asue.de, kostenfrei erhältlich. Zudem lässt sich die neue ASUE-Veröffentlichung als PDF-Datei von der ASUE-Internetseite www.bioerdgas-online.de herunterladen. Hier finden sich auch Vorträge, Grafiken sowie eine animierte Präsentation. 

ASUE 

Bildunterschrift: (grafik_472.jpg) Bioerdgasanlage Pliening (Quelle: RES) 

Bei Veröffentlichung erbitten wir einen Beleg an:
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