27. Juli 2020

Zukünftige Auslegung von BHKW als stromerzeugende Heizung in der Wohnungswirtschaft

Neue Festlegungen für Vollbenutzungsstunden im KWKG 2020

Der Bundestag und der Bundesrat haben mit dem neuen KWKG am 03.07.2020 die Vollbenutzungsstunden (Vbh) für KWK-Anlagen ab 01.01.2021 für die jährliche Förderungszahlung nach dem KWKG begrenzt. Diese Begrenzung soll die Flexibilität der Stromproduktion je Anlage (Generator) erhöhen. Gerade in der dezentralen Einspeisung sollen dadurch die Stromnetze bei Sonne und/oder Wind für die Vorrangeinspeisung von erneuerbaren Energien frei gemacht werden. Dazu wird auch von der BNetzA und den Verbänden an der Ausgestaltung des Redispatch 2.0 für die Erzeugungsanlagen > 100 kWel und den Mindestfaktoren für den Vorrang von EE- und nachrangig KWK-Anlagen gearbeitet. Leider wird die flexible Einspeisung zurzeit nur bei einer Direktvermarktung honoriert.

Da BHKWs immer mit dem Stromnetz verbunden und netzparallel betrieben werden, erfüllen sie die Voraussetzungen für die Förderung nach KWKG oder auch EEG. Der Betrieb des BHKW kann als Volleinspeisung oder mit Eigennutzung und Überschusseinspeisung angemeldet werden.

Eine sinnvolle Übergangsregelung, beginnend mit 5.000 Vbh im Jahr 2021 bis 4.000 Vbh in 2024 federt die Reduzierung der förderfähigen Vbh, gerade für in Planung befindliche Projekte, ab. Da dies stets abhängig ist vom tatsächlichen Inbetriebnahme-Datum der KWK-Anlage, kann hier keine ausführliche Beschreibung erfolgen.

Gleiche KWK-Förderung, anderer Zeitrahmen

Mit der nun beschlossenen Gesetzesfassung bleibt die Gesamtförderung durch den KWK-Zuschlag unverändert, auch wenn die Zahl der förderfähigen Vollbenutzungsstunden im Jahr zukünftig begrenzt wird.

Es gilt nach wie vor: Gesamtförderung = KWK-Nettoleistung * Zuschlagssatz * Förderdauer (Vbh)

Nur die kalendarische Zeit, in der der Zuschlag fließt, verändert sich. Durch die ab 2025 wirksame Begrenzung auf max. 3.500 Vbh pro Jahr fließt die Gesamtförderung, sofern nicht weniger als 3.500 Vbh im Jahr gefahren werden, in 8,6 Jahren zu. Für die Mehrzahl der KWK-Anlagen über 50 kWel bedeutet die neue Regelung eine Verlängerung der Zeit, in der die Förderung zufließt

> 50 kWel Gesamtförderdauer in Vbh
  bisher neu (ohne Übergangsregel)
Vbh/a 30.000 30.000 Vbh gesamt
3.500 8,6 8,6 Jahre
4.000 7,5 8,6 Jahre
4.500 6,7 8,6 Jahre
5.000 6 8,6 Jahre
5.500 5,5 8,6 Jahre
6.000 5 8,6 Jahre
6.500 4,6 8,6 Jahre
7.000 4,3 8,6 Jahre
7.500 4 8,6 Jahre
8.000 3,8 8,6 Jahre
8.500 3,5 8,6 Jahre

Damit will der Gesetzgeber erreichen, dass mehr elektrische KWK-Kapazität errichtet wird als nach der bisherigen thermischen Auslegung. Am Beispiel der 7.000 Vbh „bisher“ ist der Effekt deutlich zu sehen: Eine Verdoppelung der KWK-Kapazität führt zu gleicher Zuflussdauer wie „neu“. Je nach Umständen im konkreten Projekt ist auch der Zubau einer weiteren KWK-Einheit nach mehr als einem Jahr zu prüfen, um den Effekt der getrennten Anlagenbetrachtung (§2 Nr. 14 KWKG) und die dann bessere Möglichkeit zur lastabhängigen Fahrweise nutzen zu können.

Besonderheit für Kleinst-KWK bis einschließlich 50 kWel

Die bisherige Förderdauer wird von 60.000 Vbh auf 30.000 Vbh halbiert, im Gegenzug wird der Fördersatz verdoppelt. Damit bleibt die Gesamtfördersumme gleich.

Die Auswirkung auf die Zeit, in der die Fördersumme zufließt, zeigt diese Tabelle:

< 50 kWel Gesamtförderdauer in Vbh
  bisher neu (ohne Übergangsregel)
Vbh/a 60.000 30.000 Vbh gesamt
3.500 17,1 8,6 Jahre
4.000 15 8,6 Jahre
4.500 13,3 8,6 Jahre
5.000 12 8,6 Jahre
5.500 10,9 8,6 Jahre
6.000 10 8,6 Jahre
6.500 9,2 8,6 Jahre
7.000 8,6 8,6 Jahre
7.500 8 8,6 Jahre
8.000 7,5 8,6 Jahre
8.500 7,1 8,6 Jahre

Es ist deutlich zu erkennen, dass nur für die Anlagen, deren Vbh auf mehr als 7.000 Vbh jährlich projektiert wurde, eine geringe Verschlechterung eintritt. Für alle anderen Anlagen verkürzt sich die Zeit des Förderzuflusses deutlich. Im Vergleich umso mehr, je weniger Vbh im Jahr projektiert wurden.

Die Begrenzung der förderfähigen Vbh im Jahr bedeutet nicht, dass das BHKW nicht mehr fahren darf. Es wird lediglich der Zuschlag nur bis zur Jahresbegrenzung ausgezahlt.

KWK-Auslegung in Objekt-, Areal- bzw. Quartiersversorgung

Für KWK-Anlagen in der Objekt- und Arealversorgung ergeben sich daher neue Rahmenbedingungen für die Anlagenauslegung. Wenn also in der Vergangenheit ein BHKW im Gebäudesektor in die Wärmegrundlast gelegt wurde, dann ist jetzt ein Impuls in Richtung Flexibilisierung notwendig. Ggf. ist hierfür ein größer dimensionierter Wärmespeicher hilfreich.

Mehr BHKW-Leistung bedeutet weniger Laufzeit. Trotz der Begrenzung auf z. B. 5.000 Förder-Vbh in 2021 können für Heizung und Warmwasser in Wohngebäuden auch 6.000 Stunden und mehr Wärme im Jahr mit dem BHKW erzeugt werden, denn die Begrenzung hat keinen Einfluss auf die BHKW-Leistung. In der Heizungsbranche werden große Kesselanlagen meist nur mit 1.500 bis 2.800 Betriebsstunden bei effizienter Auslegung im Jahr getaktet betrieben. Durch eine spätere energetische Gebäudesanierung können die notwendigen Vollbenutzungsstunden gesenkt werden.

Interessant ist der Nebeneffekt, dass KWK-Anlagen in Objekten ohne zentrale Trinkwarmwasserbereitung (z. B. mit elektrischen Durchlauferhitzern) oder in Objekten mit solarthermischen Anlagen zur Trinkwarmwasserbereitung, die i. d. R. ca. 4.500 bis 5.500 Vbh pro Jahr erreichen, nun annähernd die gleiche Wirtschaftlichkeit erzielen wie KWK-Anlagen, die den (zentralen) Trinkwarmwasser-Wärmebedarf in Vbh umwandeln können. Die KWK-Zuschläge sind für beide Einsatzbedingungen gleich, so dass bei Planung und Auslegung der KWK-Anlage nun noch mehr umgedacht werden sollte. Der Weg geht auch hier eindeutig weg von der „Must-Run-Philosophie“ für KWK-Anlagen.

Förderung von Mikro-BHKWs

Für BHKW bis 2 kWel wird weiterhin wahlweise eine Sofortpauschalzahlung der KWK-Vergütung 60.000 Vbh x 4 Cent/kWh x elektrische Leistung angeboten. Wird dieses Wahlrecht nicht genutzt, wird die KWK-Vergütung wie bei den Anlagen bis 50 kWel vom Netzbetreiber gezahlt.

Alternative: Innovative KWK

Für alle KWK-Anlagen werden ab dem 01.01.2025 die förderfähigen Jahresvollbenutzungsstunden nach dem KWKG auf 3.500 begrenzt. Dadurch soll die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung vorangebracht werden. Hier bieten sich dann oft innovative KWK-Anlagen mit strombasierten Wärmeerzeugern an. Auch kann zur Begrenzung der Vollbenutzungsstunden ein zweites BHKW dazu gebaut werden, wenn das vorhandene BHKW seinerzeit auf 5.000 Vollbenutzungsstunden ausgelegt wurde und der Wärmbedarf gleichgeblieben ist. Dadurch wird auch die Flexibilität der netzdienlichen Residuallastabdeckung der Stromerzeugung aus KWK erhöht. Gleichzeitig kann damit bei zeitgleichem Betrieb von E-Ladestellen und/oder Wärmepumpen die untere Stromnetzebene entlastet und der notwendige Netzausbau verringert werden.

Wärmenetze: Bis zu 40 % Förderung

Für die Arealversorgung werden rückwirkend ab dem 01.01.2020 Wärmenetze mit einem 75 prozentigen Anteil aus KWK oder mit anteiliger EE-Wärme unabhängig von der Leitungsnennweite mit 40 Prozent der förderfähigen Investitionskosten gefördert. Wärmenetze mit einem Anteil von 50 Prozent KWK-Wärme werden analog mit 30 Prozent bis zum 31.12.2022 gefördert.

Der Vorteil von Wärmenetzen bei einer Arealversorgung ist, dass die Wärmeerzeuger auch dezentral in das Wärmenetz einspeisen können und so auch gebäudenahe Solarthermie in Ballungsräumen, wo keine Flächen für Solarthermieanlagen zur Verfügung stehen, eingebunden werden können. Genauso können vorhandene Wärmequellen für die Abwärmenutzung eingebunden werden. Solche Wärmenetze können auch mit Wärmepumpen und E-Heizstäben zur Stromnetzentlastung genutzt werden. Sind zukünftig die finanziellen Rahmenbedingungen durch die Politik für eine dezentrale Überschussstromnutzung zur Wasserstoffproduktion geregelt, können auch die entstehenden 30 Prozent Abwärme des Elektrolyseurs in diesen Wärmenetzen genutzt werden. Durch die Abwärmenutzung kann der Wirkungsgrad bei der Wasserstoffproduktion auf über 80 Prozent gesteigert werden.

Heizungstausch mit KWK, Einsatz erneuerbarer Gase

Gesondert gefördert wird seit dem 01.01.2020 ein Heizungstausch mit EE-Wärme durch das Förderprogramm "Heizen mit erneuerbaren Energien" der BAFA. Empfehlenswert ist der Austausch einer Ölheizung gegen einen Gasanschluss oder Flüssiggasversorgung mit Gasbrennwertheizgerät und der Mindestanforderung für Solarthermie mit einem großen Heizwasserspeicher. Gleichzeitig oder später kann dann ein gasbetriebenes BHKW dazu gebaut werden, das nach dem KWKG gefördert wird.

Mit dem BHKW kann dann die Strom- und Wärmeversorgung unterstützt werden, während die neue Gasheizung als Spitzenlastwärmeerzeuger dient. Bei dieser Kombination hat der Investor die Möglichkeit, beide Förderprogramme zu kombinieren. So dient auch wieder die dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung als Partnerin der Erneuerbaren Energien, der Stromnetzstabilisierung und der Verringerung von Stromnetzausbaukosten.

In der Wissenschaft und bei den Verbänden werden zurzeit Beimischungsmengen von Biomethan und erneuerbaren Gasen (Power-to-X) im vorhandenen Gasnetz diskutiert und ausprobiert. Durch Biomethan wird heute schon die Absenkung des Primärenergiefaktors in der Wärmeversorgung beim BHKW-Betrieb erneuerbar unterstützt. Dieser Anteil wird in Zukunft weiter ausgebaut. Im Gebäudeenergiegesetz (bis Mitte 2020 Energieeinsparverordnung und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz) wird die hocheffiziente KWK als Ersatz für EE-Wärme eingestuft.

KWK in der Industrie außen vor

Sehr bedauerlich ist, dass der Gesetzgeber es unterlassen hat, die Prozesswärmeerzeugung aus KWK in der nicht stromkostenintensiven Industrie wieder in die Förderung aufzunehmen. Auch wenn man das Argument, dass der Eigenstromerzeuger in der Industrie durch den „Rabatt“ auf die EEG-Umlage begünstigt wird, hinnimmt: Die Möglichkeit, Anlagen so auszulegen, dass sie an wenigen Stunden im Jahr strommarktdienlich fahren und Strom in das Netz einspeisen, ist durch die Regel zur Ausschreibungspflicht bei KWK-Anlagen über 1 MWel ausgeschlossen. Daher wird die Industrie geradezu animiert, vorhandene CO2-Einsparpotentiale nur in sehr geringem Maße durch KWK-Anlagen zu nutzen. Hier besteht für die kommende Zeit erheblicher Nachbesserungsbedarf.

Ansprechpartner:

Jürgen Stefan Kukuk
Telefon: 0 30 / 22 19 13 49-0
E-Mail: kukuk@asue.de


Das neue KWKG 2020

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