Biogas und Biomethan: Speicherbare, grüne Energie
Ein grünes Gasnetz bietet vielfältige Möglichkeiten zur dezentralen und bedarfsgerechten Erzeugung von Strom, Wärme, Kälte und anderen Energieformen. Die Gasleitungen und Gasspeicher existieren und ermöglichen einen kostengünstigen Transport eines regenerativen Energieträgers vom Erzeuger direkt zum Verbraucher - das ganze Jahr über.
In den bestehenden Gasnetzen wird heute meist reines Erdgas mit über 90 % Methan (CH4) transportiert. Durch Beimischung und Austausch des erdgeschichtlich alten, fossilen Erdgases durch Gas aus erneuerbaren Ressourcen werden CO2-Emissionen auch in eng bebauten Städten oder in industriellen Anlagen auf klimafreundliche bis hin zu klimaneutralen Mengen beschränkt. Gasverbraucher, die für Wärmeprozesse keine Alternative zu Gas haben, können ohne Technologiewechsel erneuerbare Energie einsetzen.
Erdgas und Biogas sind Naturstoffe. Sie entstehen unter Luftabschluss aus Biomasse.
In der Erdgeschichte sind weltweit Lagerstätten für Erdgas entstanden. Seit über 150 Millionen Jahren sinken tote Organismen im Meer oder anderen Gewässern zu Boden und werden von Sedimenten bedeckt. Zunächst handelte es sich um primitive Einzeller und später auch um höhere Pflanzen und Tiere, die sich durch Druck und Temperatur unter Luftabschluss über lange Zeit zu Kohle, Erdöl und Erdgas umwandeln.
In modernen Biogasanlagen übernehmen wiederum primitive Einzeller die Umwandlung von Biomasse. Sicher vor Luftsauerstoff geschützt, setzt eine ganze Kette verschiedener, archaischer Spezies das grüne Gut in Biogas, CO2 und einige Spurengase um.
Aufbereitet zu Biomethan, entsteht ein dem Erdgas gleichwertiger, erneuerbarer und speicherbarer Rohstoff der Natur.
Die Erzeugung und Nutzung von Biogas
Biomassen aller Art, die nicht die hölzerne Lignozellulose enthalten, können in Biogasanlagen verarbeitet werden. Ähnlich dem Magen-Darm-Trakt einer Kuh setzt eine vierstufige, mehrgleisige Kette verschiedener Bakterien-Spezies die Nahrung um.
Anders als bei der Entstehung fossilen Erdgases funktioniert dieser Prozess schon bei angenehmen, mesophilen Temperaturen von rund 40 °C und unter Normaldruck.
Die Kette des bakteriellen Biomasseabbaus endet in Biogasanlagen an der Stelle, an der Methan (CH4) in seiner größten Konzentration vorliegt. Die Kuh hätte eigentlich ein Interesse gehabt, das Methan und vor allem seine Vorläufer im Abbauprozess, den Wasserstoff oder die Essigsäure in ihren eigenen Stoffkreislauf zu integrieren. In Biogasanlagen wird das CH4 dagegen zusammen mit seinen Begleitgasen aus den Behältern entnommen, gereinigt, anschließend meist in einem BHKW verbrannt und der erzeugte Strom ins Netz eingespeist. Alternativ wird das Biogas zu reinem Methan aufkonzentriert und ins Gasnetz eingespeist.
Die BHKWs zur Biogasnutzung sind auf CH4-Gehalte ab ca. 45 % im Biogas ausgelegt. Kommen stark energiehaltige Rohstoffe zum Einsatz, wie Nahrungsreste, Fettabscheider oder Schlachtabfälle, steigt der CH4-Gehalt im Rohbiogas.
Neben alternativen Einsatzstoffen kann aber auch der Prozess zur Erhöhung des CH4-Gehaltes variiert werden. So sind einzelne am Prozess beteiligte Bakterien bei höheren Temperaturen effizienter und wachsen im sogenannten thermophilen Bereich bis ca. 60 °C so gut, dass in Summe CH4-Gehalte bis zu 85 % theoretisch möglich sind. Um aber nicht nur zur Beimischung, sondern als echtes Austauschprodukt für Erdgas zu dienen, muss der CH4-Gehalt aller Biogase immer noch auf ca. 97 % angehoben werden.
Der CO2-Ausstoß von Fahrzeugen
Die Grafik vergleicht die CO2-Emissionen von Fahrzeugen im Betrieb mit unterschiedlichen Treibstoffen. Der Sieger: Biomethan!
Verfahren zur Aufbereitung von Biogas
Zur Aufkonzentrierung des Methans im Biogas kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz. Bei der Prozessentwicklung wurde jeweils auf besonders hohe Methangehalte sowie auf geringen Methanschlupf und einen minimalen Energieverbrauch Wert gelegt. Zusätzlich besteht die Aufgabe, die im Biogas enthaltenen Begleitgase (Kohlendioxid – CO2, Schwefelwasserstoff – H2S, Spuren von Sauerstoff – O2, Stickstoff – N2 und Ammoniak – NH3) zu entfernen, wobei insbesondere H2S teilweise schon vor der Gasaufbereitung entfernt werden muss.
In der Druckwasserwäsche (DWW) wird das Biogas in unter Druck stehendes Wasser eingegast, wobei sich die Begleitgase im Wasser lösen und das gereinigte Methan am Ende austritt.
In der Druckwechseladsorption wird das Biogas in Kolonnen eingegast, in denen das enthaltene Methan an Aktivkohle mit an das CH4-Molekül spezifisch angepasster Porengröße adsorbiert. Durch Entspannung wird die CH4-Beladung später konzentriert entnommen.
In der Aminwäsche wird die Absorption von sauren Gasen (CO2, H2S) durch eine Aminlösung genutzt. Das Methan wird darin nicht absorbiert und kann entnommen werden. In einem zweistufigen Aufbau wird die beladene Aminlösung aufgeheizt, wobei die sauren Gase wieder frei werden und die Aminlösung erneut genutzt werden kann. Ähnlich funktioniert das Selexol-Verfahren, das anstelle der Aminlösung ein Gemisch aus Poly-Ethylen-Glycol und Dimethylether zur Bindung des Methans nutzt.
In kryogenen Verfahren wird das Rohbiogas stark abgekühlt. Methan hat von den im Biogas enthaltenen Stoffen den tiefsten Taupunkt, fällt bei Abkühlung als letztes aus und kann anschließend in der Gasphase entnommen werden.
Membranverfahren nutzen keramische Materialien mit spezifischen Porengrößen, um das Methan abzutrennen. Das CH4-Molekül ist das größte der im Biogas enthaltenen Stoffe und kann somit entsprechend selektiert werden.
Einspeisung und Nutzen von Biogas als Biomethan
Das Biogas hat nach der Aufbereitung eine Zusammensetzung, die sich zur Einspeisung in das Erdgasnetz eignet. Bevor es aber als Bio-Erdgas bzw. Biomethan eingespeist werden kann, muss es an die dortigen Anforderungen angepasst werden. Dies betrifft neben der Odorierung und der Trocknung die Kompression auf den im Gasnetz erforderlichen Leitungsdruck. In Einzelfällen kann Biogas bereits nach einer Entschwefelung beigemischt werden.
Innerhalb des Erdgasnetzes spielt das Biomethan seine großen Vorteile aus. Mit jedem Kubikmeter eingespeisten Biomethans wird der Gasmix im Erdgasnetz grüner – ähnlich, wie es im Stromnetz stattfindet. Der entscheidende Unterschied ist: Das Gas muss nicht
sofort verbraucht werden, sondern wird je nach Jahreszeit eingespeichert oder direkt zum Ort seiner Anwendung zur Erzeugung von Strom, Wärme oder Kälte oder als Grundstoff für andere Verfahren gebracht. So erhalten auch die Energieverbraucher in dicht stehenden, städtischen Bestandsgebäuden die Möglichkeit, auf erneuerbare Energie umzusteigen. Ebenfalls können Industrieunternehmen, die für Wärmeprozesse keine Alternative zu Gas haben, ohne Technologiewechsel erneuerbare Energie einsetzen.
Biogas/Biomethan – erneuerbare Energie aus der Leitung
Die Anfang 2018 erschienene ASUE-Broschüre liefert auf 20 Seiten (DIN A5) die wichtigsten Fakten der Herstellung und Verwendung von Biogas und Biomethan. In anschaulicher Weise...
Grünes Methan und Bio-CO2
Biogas enthält meist zwischen 40 und 60% CO2. Nach einer Biogasaufbereitung fällt dieses CO2 als oftmals sehr reine und bereits komprimierte Fraktion an. Dieses grüne CO2 lässt sich weiter nutzen.
Direktanwendungen von CO2 sind z. B. in der Lebensmitteltechnik, in der Getränkeherstellung oder im Betrieb von Feuerlöschanlagen zu finden. Wird grünes CO2aus Biogasanlagen dabei engesetzt, ist das Gas im Falle einer Emission als klimaneutral zu betrachten. Denn die Pflanzen, die als Rohstoff in die Biogasanlage gebracht wurden, haben dieses CO2 vorher über die Photosynsthese aus der Luft entfernt.
Ein weitere Option besteht dagegen in der weiteren, energetischen Nutzung des CO2. Wird nämlich an der Biogasaufbereitung eine Elektrolyseanlage installiert, die grünen Wasserstoff liefert, so kann dieser Wasserstoff zusammen mit dem grünen CO2 zu grünem Methan zusammengesetzt werden.
Im sogenannten Sabatier-Prozess wird aus grünem Wasserstoff und CO im grünes Methan hergestellt. Dabei kommen unterschiedlich geformte Füllkörper zum Einsatz, auf denen feste Katalysatoren so aufgebracht werden, dass die gasförmigen Rohstoffe an ihnen auf einer möglichst großen Oberfläche zur Reaktion kommen.
Bei der Fischer-Tropsch-Synthese werden Wasserstoff und CO unter hohem Druck und an einem Katalysator mit einander verbunden werden. Das Produkt dieses Verfahrens ist ein dem Rohöl ähnliches Gemisch aus kurzen, langkettigen und verzweigten Kohlenwasserstoffen. Methan ist darin auch enthalten und kann in einem klassischen Raffinerieprozess gewonnen werden.
Dezentrale Anlagen, die dieses Verfahren nutzen, sind in der Entwicklung. Denn die industriellen Großanlagen müssen in eine Größe herunterskaliert werden, die auch die relativ geringen Mengen grünen Wasserstoffs, die z. B. an einem Windpark in Küstennähe oder Offshore entstehen, verwerten können. Wegen der schwierigen Prozessbedingungen ist das nicht leicht, aber innovative Ingenieure und Wissenschaftler haben erste Erfolge im Pilotmaßstab vorzuweisen.
Der mikrobiologische Prozess der Methanbildung
Aus der anaeroben Prozesskette der Methanogenese konnten diejenigen Bakterien selektiert werden, die für die finale Bildung von Methan aus Wasserstoff und CO2 verantwortlich sind. Fern von den restlichen Mikroben können die Umweltbedingungen für diese Spezies präzise eingestellt werden, während sie sich vorher mit gemittelten Gesamtbedingungen arrangieren mussten.
Mit Namen wie Butyrivibrio oder Fusobacterium führen die Spezialisten ein natürliches Schattendasein im Magen von Wiederkäuern oder in Sedimenten von Gewässern. Den produzierten Wasserstoff reichen sie in diesem Umfeld oft direkt an andere Einzeller wie Methanosarcina oder Methanopyrus weiter, die daraus zusammen mit CO2 oder Essigsäure Methan herstellen.
Den hier genannten Spezies ist gemein, dass Sauerstoff toxisch auf sie wirkt. Nun enthalten viele Biogasanlagen, in denen die aerobe Hydrolyse nicht in einem separaten Behälter ausgeführt wird oder es keine externe Entschwefelung des Biogases gibt, oft geringe Mengen Sauerstoff. Dies hemmt die von Natur aus langsam wachsenden Wasserstoff- und Methanproduzenten zusätzlich.
Zum Ausgleich der Hemmung werden die Fermenter von Biogasanlagen mit großen Volumina für lange Verweilzeiten ausgestattet. Die gezielte Kultur der oben genannten Spezies kann aber unter strikt von Sauerstoff befreiten Bedingungen effizienter ablaufen. Die erforderliche
Umwelt kann durch moderne Technologien exakt an die optimalen Wachstumsbereiche der Einzeller eingestellt werden und so deren volle Stoffwechselleistung abrufen.
Zur biotechnologischen Methanherstellung kann auf Technologien und Verfahren der Mikrobiologie und Fermentation zurückgegriffen werden. Seit den 1930er-Jahren wurden für unterschiedlichste Anwendungen verschiedene Systeme entwickelt, die heute weltweit im erfolgreichen Einsatz sind.
Für die Methanproduktion können diejenigen Komponenten selektiert werden, die die im Reaktorinneren vorliegenden Umweltbedingungen am Sichersten und Verlässlichsten herstellen können. Des Weiteren können nun auch relevante Mengen an erneuerbarem Wasserstoff, die dank neuester Fortschritte in der Elektrolyse-Technologie mit Power-to-Gas-Anlagen bereitgestellt werden, als Rohstoff für die bakterielle Methanproduktion genutzt werden.
Mit einer entsprechenden Automatisierung sind der biotechnologischen Methanherstellung nur durch die Behältergröße und die Verfügbarkeit von Rohstoffen technische Grenzen gesetzt. Durch die Einbindung in andere Prozesse zur gemeinsamen Nutzung von Wärme oder der bakteriellen Zwischenstufe Wasserstoff können weitere Synergieeffekte genutzt werden. Stand 2018 sind insbesondere an Biogasanlagen einzelne Versuchsaufbauten mit jeweils mehreren m³ Arbeitsvolumen in Betrieb.
Holzpyrolyse- und Vergasertechnik
Holz als Treibstoff für KWK-Anlagen
Insbesondere holzartige Biomassen können besonderes effektiv in Vergasern umgesetzt werden. Sie können nicht in Biogasanlagen vergoren werden, bieten dagegen aber besonders hohe spezifisch Energiegehalte.
Es gibt vielfältige, im Detail unterschiedliche Lösungen, die in der mehr als 100-jährigen Geschichte der Pyrolyse-Technologie je nach Anwendungsfall entwickelt wurden. Im Zuge der Dekarbonisierung der Energielandschaft kommt den heute bis zur Marktreife entwickelten Holz-Vergaser-BHKWs eine neue, entscheidende Bedeutung zu.
Unter Sauerstoffabschluss, hohen Temperaturen und an speziell entwickelten Katalysatoren zerfällt Biomasse in ihre molekularen Bestandteile. Die je nach Einsatzstoff und Prozessbedingungen erheblich variierende Zusammensetzung des Pyrolysegases enthält Inertgase wie Stickstoff und CO2 zu ca. 50 %. Die anderen ca. 50 % bestehen aus einem für die energetische Nutzung in KWK- und anderen Anlagen entscheidenden Gemisch aus Wasserstoff, Methan, höheren Kohlenwasserstoffen und Kohlenmonoxid.
- sämtliche Störstoffe sicher entfernt werden,
- enthaltene Kohlenwasserstoffe und der reine Wasserstoff möglichst vollständig zu Methan reformiert werden und
- das Methan von den enthaltenen Inertgasen befreit werden.
Gegenwärtig gibt es noch keine Bestrebungen, die Vergasertechnik zur Produktion von speicherbarem Biomethan einzusetzen. Vielmehr wird neben der direkten Nutzung des kompletten Pyrolysegases in dezentralen KWK-Anlagen vor allem die stoffliche Nutzung als biogenes Austauschmaterial für fossile Grundstoffe betrachtet. So kann das enthaltene Kohlenstoffmonoxid anstelle von Erdgas oder Kohle als Grundstoff in Dampf-Reformern der chemischen Industrie eingesetzt werden, während langkettige, teerartige Bestandteile z. B. erdölbasierte Klebstoffe in Spanplatten ersetzen können.
Bild: Kombinierte Anlage aus Holzvergaser und BHKW mit 50 kWel der Stadtwerke Rosenheim.
Brennstoff: Naturbelassene Holzhackschnitzel (max. 11 % Wassergehalt, Stückigkeit 30 x 30 x 30 mm, max. 5 % Feinanteil bis 2 mm, max. 60 mm Span)