10.09.2019 in Belin

Der ASUE-DVGW Effizienzdialog 2019: Prosumer im Wärmemarkt - Maßnahmen gegen den Sanierungsstau

Vereinfachung der KWK-Regelungen notwendig – Einigkeit auf dem Podium – CO2-Preis kann kommen

Berlin, 12. September 2019

Prosumer, das sind Konsumenten und Produzenten von Energie in Personalunion. Bisher fokussierte sich der Gesetzgeber im Wesentlichen auf den PV-Anlagenbetreiber, für dessen Strom ein Mieterstromgesetz geschaffen wurde. Strom und Wärme aus KWK-Anlagen sind beim Gesetzgeber noch nicht angekommen.

Der Rückstand bei der Gebäudesanierung sucht trotz massiver Förderung seinesgleichen und wird die Klimaziele weit verfehlen. Und so diskutierten Vertreter von Politik, Verbänden und Energieversorgern auf dem von ASUE und DVGW veranstalteten Effizienzdialog am Abend des 10. September 2019 im Kaisersaal der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin, wie KWK-Prosumer endlich eine Wärmewende auslösen können.

Regelwirrwarr und Unklarheiten

Dass der Weg zur Umsetzung in der Politik noch völlig unklar ist, machte Jürgen Kukuk, ASUE-Geschäftsführer, schon in seiner Einleitung deutlich: „Stand heute wären für CO2-neutrales Heizen bis 2050 100 Milliarden € jährlich für die Sanierung nötig – das sind 1/3 des diesjährigen Bundeshaushaltes! Mit KWK könnten wirtschaftliche Anreize geschaffen werden.“. Mit den anschließenden Impulsvorträgen wurde klar, an wie vielen Stellen der KWK bewusst oder unbewusst Steine in den Weg gelegt werden. So wies Prof. Dr. Maslaton, gleichzeitig im Vorstand des Bundesverbandes Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK), beispielsweise auf die Regulationsflut hin, die den eigentlich geforderten und für die Wärmewende benötigten Bürger überfordere. Beispielsweise gebe es in der Rechtsprechung inzwischen mehr als 20 Definitionen des so genannten „Anlagenbegriffs“. Diese auch an anderen Orten auftretende Rechtsunsicherheit trage ihren Teil zum Stau in der Sanierung des Gebäudebestandes bei.

Gleichzeitig konnte Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW über rechtliche Stolpersteine in aktuellen Mieter­stromprojekten berichten, die mittelfristig in rechtlichen Streitigkeiten aufgehen könnten. Denn die Abgrenzung zwischen Eigenstromnutzung und Stromlieferung ist mitunter derart unscharf, dass viele mögliche Prosumer eigentlich die Bedingungen eines Energieversorgers erfüllen. Dadurch fallen selbst bei kleinen Erzeugeranlagen die gleichen Pflichten an, wie bei einem großen Energieversorgungsunternehmen. Dies könne im Sinne einer erfolgreichen Wärmewende doch nicht sein!

CO2-Bepreisung muss kommen, Grundgesetzänderung auch?

Mit diesen Eindrücken ging es in die von Dr. Dennis Rendschmidt vom DVGW moderierte Podiumsdiskussion. Mit Herrn Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU, MdB), Herrn Klaus Mindrup (SPD, MdB) und Prof. Dr. Martin Neumann (FDP, MdB) legten informierte und engagierte Regierungs- und Oppositionsvertreter ihre Positionen zum Thema dar. Dabei wurde deutlich, dass allen drei Parteivertretern die Kraft-Wärme-Kopplung am Herzen liegt und dass sich die heutige Drangsalierung der dezentralen KWK möglicherweise durch die bewusste Bevorzugung der zentralen Großkraftwerke durch frühere Regierungen begründet liegt. Auf der anderen Seite wurde die KWK während der „Baake-Ära“ extrem gebremst. Am Aufbrechen beider Paradigmen arbeiteten die Vertreter im Podium nach eigener Aussage fraktionsübergreifend zusammen.

Interessant ist hervorzuheben, dass die technischen Zusammenhänge des hohen Wirkungsgrades, also die Physik unisono in den Vordergrund gestellt wurde. Zusätzlich könne sich Dr. Andreas Lenz von der CSU gar mit dem Gedanken anfreunden, das EEG ganz abzuschaffen und durch ein kompaktes Regelwerk zu ersetzen. Aber es war wiederholt Prof. Dr. Martin Neumann von der FDP, der betonte, dass die technischen, physikalischen und thermodynamischen Fakten als Leitplanken einer wirkungsvollen Politik zu setzen seien. Hier gab auch Klaus Mindrup von der SPD auf Basis seiner eigenen praktischen Erfahrungen mit KWK in der Versorgung von Mietwohnungen und Quartieren seine Zustimmung. Einig waren sich die Parteivertreter auch bei der Frage, dass nur das „wie“ beim CO2-Preis noch geklärt werden müsse und verwiesen auf das Klimakabinett, das am 20. September 2019 erste Gesetzesmaßnahmen und Vorschläge zur CO2-Reduktion vorstellen wird.

Und die Teilnehmer ohne Parteibuch? Auch Steffen Voth von Stromnetz Berlin stellte sich hinter die KWK. Das Stromnetz seines Unternehmens befände sich aktuell in der Transformation zu einem Stromsystem und darin brauche es jeden einzelnen Baustein, wie PV und KWK. Insbesondere bei der raschen Zunahme von Ladestationen für E-Mobile. Er monierte, dass die Öffentlichkeit nur über Hochspannungsleitungen zum Ferntransport von Wind- und Sonnenenergie informiert werde, denn die größten Umbauten fielen in den Niederspannungsebenen der lokalen Verteilnetze an. Dies werde unglücklicherweise zurzeit nirgends thematisiert.

In der Schlussrunde der Podiumsdiskussion stellte Prof. Dr. Martin Maslaton dann die Forderung nach einer Grundgesetzänderung in den Raum. Seiner Meinung nach könne eine Verankerung von Klimaschutz und Energiewende im GG-Artikel 20a mit Zitiermöglichkeit bewirken, dass die Vielzahl an Gesetzen und Verordnungen auf ein Minimum reduziert werden.

Neben der Grundgesetzänderung wurde auch der Bedarf nach Energiespeichern herausgestellt. Durch deren verstärkten Einbau würden die Netze stabilisiert und erneuerbare Energien besser eingebunden werden könnten. Einig waren sich schließlich alle Vertreter auf dem Podium, dass der KWK fälschlicherweise das Stigma des Steigbügelhalters der fossilen Energieträgers anhafte. Es gelte für alle Anwesenden, dieses Stigma durch starke Öffentlichkeitsarbeit aufzulösen und auch durch nicht-technische Maßnahmen zum Durchbruch zu verhelfen. Daran änderte auch der Hinweis aus dem Publikum von Dr. Stefan Taschner, Sprecher für Energie, Tierschutz und Radverkehr bei der Grünen Fraktion Berlin, nichts, dass auch die Emissionen von CO2 aus mit PtX-Verfahren hergestellten, so genannten grünen Energieträgern unbedingt zu vermeiden sei.

Ansprechpartner:

Jürgen Stefan Kukuk
Telefon: 0 30 / 22 19 13 49-0
E-Mail: kukuk@asue.de